Die Entstehung der Stearman lässt sich auf das Jahr 1927 zurück verfolgen, als Lloyd C. Stearman durch die Übernahme von Lyle-Hoyt Aircraft seine Firma Stearman Aircaft Company in Venice, California, gründete. Lyle-Hoyt war bis
dahin als kleine Luftfahrtgesellschaft und als Händler für Travel Air Flugzeuge im Süden Kaliforniens tätig gewesen.

Lloyd C. Stearman baute als sein erstes Flugzeug die C1, ein dreisitziger Doppeldecker mit einem 90 PS-Motor, der aber schon bald gegen einen französischen 230 PS-Samson-Motor ausgetauscht wurde. Einige der Nachfolgemodelle C2
flogen auch in Hollywood-Filmen, zum Beispiel in „Wings" (1927).
Es folgten weitere, mehr oder weniger erfolgreiche Typen wie die C3, 3A, 3B, M-2 und andere. 1929 hatte sich die Firma Stearman am Markt etabliert, obwohl die Maschinen recht teuer waren. Größere Unternehmen wurden aufmerksam.
United Aircraft & Transport Co, die auch im Besitz der United Airlines waren, nahm Stearman Inc. gezielt unter die Lupe. United Aircraft fertigten damals Motoren für Pratt & Whitney, Propeller für Hamilton Standard und Flugzeuge
Vought. Kurz darauf übernahm United Aircraft alle Stearman-Anteile.
Lloyd C. Stearman blieb „President". Er entwickelte im Jahre 1930 die YPT 9 (Model 6A) nach einer Spezifikation der US Navy. Dieses Modell, später bekannt als „Cloud Boy", war zuverlässig, schnell, außergewöhnlich stabil gebaut
und dadurch sehr sicher. Auch die US Army erteilte Ende 1930 den Auftrag zur Lieferung von vier Flugzeugen in einem Gesamtwert von 21 000 Dollar.
Lloyd Stearman verließ im Sommer 1931 die Firma, fand vier neue Partner und kaufte die kurz zuvor in Konkurs gegangene Firma Lockheed Aircraft Company. Der für die Konkursabwicklung beauftragte Richter meinte zu den neuen
Firmeninhabern: „Ich hoffe, Ihr wisst, was Ihr Burschen tut". Lloyd C. Stearman wurde Vice President von Lockheed. Der Rest ist Geschichte.
Bei der Firma Stearman sorgten ein neues Management und neues Geld der Muttergesellschaft United Aircraft für gute Geschäfte. Man verbesserte ab Ende 1933 das Design des „Model 6" und präsentierte schließlich die X 70.
Die robuste und in der Luft sehr belastbare Maschine war von Anfang an als Trainings-Flugzeug für das Militär konzipiert. Man sagte damals über die X 70: „Gebaut wie ein Truck, fliegt sie wie ein Engel."

Die US Army übernahm im Sommer 1935 zunächst 13 Maschinen, es folgten weitere Bestellungen über 92 Stück, die mit einem 220 PS starken Lycoming R-680-7 Motor ausgerüstet wurden.
Im April 1938 übernahm die Firma Boeing sämtliche Stearman-Firmenanteile und formte daraus die Stearman Aircraft Division der Boeing Aircraft Company. Obwohl damit offiziell eine „Boeing", nannte jeder die Maschine
aber weiterhin Stearman. 1939 begann das US-Verteidigungsministerium die Zahl der Militärpiloten von 500 auf zunächst 4500 pro Jahr zu steigern. Der erste Schritt zur Realisierung war die Idee, die Piloten zunächst
in zivilen Schulen auszubilden. Trotz einigen Widerstands wurden acht zivile Flugschulen unter Vertrag genommen und im Frühling 1939 konnten sogar bis zu 12 000 Piloten ausgebildet werden – ein guter Verdienst für
die Schulen. Die Ausbildung selbst dauerte 36 Wochen. 1940 wurden weitere neun Flugschulen in das Programm aufgenommen. Ende 1940 konnten mehr als 30 000 Piloten pro Jahr geschult werden.
Parallel dazu wuchs der Bedarf an Schulflugzeugen. Von 1939 bis 1941 wurden deshalb 275 „PT 13" und 255 „A 75" von Boeing Stearman geliefert. Weitere 150 Maschinen des Typs PT 13 folgten. Auch die US Navy bestellte 250
Stück der A75N1 Stearman Trainer. Schon bald kam man aber nicht mehr mit der Produktion von Flugmotoren nach. Nach einem Wechsel auf den Continental R-670-4 Motor mit 220 PS wurde aus der PT-13 die PT-17 (A75N1), später
die meistgebaute Ausführung der Stearman.
Nachfolgend eine Aufstellung der Baureihen, der zugehörigen Stückzahl, der unterschiedlichen Bezeichnungen von US Navy und US Army und der verwendeten Motoren.
Insgesamt wurden 8429 Maschinen gebaut. Ungefähr die Hälfte aller amerikanischen Militärpiloten, die während des Zweiten Weltkrieges flogen, wurden auf einer Stearman ausgebildet, unter ihnen auch der spätere amerikanische
Präsident George W. Bush. Er sagte später einmal fast entschuldigend, dass er unter allen Maschinen, die er geflogen sei, immer wieder die Stearman bevorzugen würde.